AKTIVKOHLE - FUNKTIONSWEISE, EINSATZGEBIETE UND ANWENDUNG IM AQUARIUM

AKTIVKOHLE - FUNKTIONSWEISE, EINSATZGEBIETE UND ANWENDUNG IM AQUARIUM
Johannes Höhn
Johannes Höhn

Das wohl am häufigsten in der Meerwasseraquaristik verwendete chemische Filtermedium ist Aktivkohle. Mithilfe von Aktivkohle lassen sich viele verschiedene Verbindungen aus dem Aquarienwasser entfernen. Hierzu zählen beispielsweise die so genannten Gelbstoffe, bei denen es sich um organische Moleküle (v.a. Fulvin- und Huminsäuren) handelt, die zu einer unschönen Gelbfärbung des Wassers führen und die die Lichtdurchdringung deutlich reduzieren. Daneben entfernt Aktivkohle schädliche Nesselgifte und Schreckstoffe, welche Deine Korallen fortlaufend ins Wasser abgeben.

Funktionsweise von Aktivkohle: Adsorption an großer Oberfläche

Bei Aktivkohle handelt es sich um Kohlenstoff der zu hochporösem Material verarbeitet wurde. Der Herstellungsprozess sorgt für eine extrem vergrößerte innere Oberfläche. Adsorption beschreibt die Eigenschaft eines Mediums bestimmte Moleküle an deren Oberfläche zu binden. Sie erfolgt beispielsweise aufgrund von Van-der-Waals-Kräften oder elektrischen Ladungen (=Ionenbindung). Alle chemischen Filtermedien besitzen eine bestimmte maximale Nutzungsdauer nach der keine weiteren Verbindungen oder Moleküle mehr aus der Umgebung aufgenommen werden können. Deshalb muss Aktivkohle regelmäßig erneuert werden.

 

Insbesondere in Aquarien mit Mischbesatz (Weich- und Steinkorallen) ist der Einsatz von Aktivkohle sinnvoll. Denn neben lichtschluckenden Gelbstoffen werden durch die Aktivkohle auch wachstumshemmende Nesselgifte und Schreckstoffe entfernt.

Was ist beim Einsatz von Aktivkohle zu beachten?

#1 Ziel: Gelbstoffentfernung für klareres Wasser

Da die Entfernung von Gelbstoffen (z.B. Huminsäuren) mit einer Änderung der verfügbaren Lichtmenge einhergeht, sich Deine Korallen aber erst daran gewöhnen müssen, sollte der Aktivkohle-Einsatz beim ersten Mal behutsam und langsam erfolgen. Beginne beispielsweise mit 10 g auf 100 Liter Aquarienwasser und steigere Dich Woche für Woche bis Du bei etwa 40 - 50 g Aktivkohle auf 100 Liter Aquarienwasser angekommen bist. Diese Menge ist ausreichend für den Dauereinsatz. Nach 4-6 Wochen sollte die Aktivkohle erneuert werden.

#2 Ziel: Medikamente oder Gifte entfernen

Giftstoffe (z.B. nach dem Tod einer Seegurke im Aquarium) und Medikamente sollten möglichst schnell aus dem Aquarienwasser entfernt werden. Deshalb kannst Du in solch einem Fall eine größere Menge an Aktivkohle verwenden 100 g/100 Liter). Idealerweise wird die Aktivkohle dafür in einen Medienfilter mit kräftigem Durchfluss (200 L/h) eingesetzt. Erneuere die Aktivkohle in solchen Fällen frühzeitig, beipielsweise nach 3 Tagen, da die Aktivkohle bei sich ändernden Umgebungsbedingungen die zuvor gebundenen Substanzen wieder an das Aquarienwasser abgeben kann.

Aktivkohle wie beispielsweise Tropic Marin Carbon sollte im Notfallkoffer eines gut sortierten Aquarianer-Haushalts nicht fehlen. Egal ob Du aus Versehen Spurenelemente überdosierst, ein giftiges Tier im Becken stirbt oder sich Dinoflagellaten breitmachen. Aktivkohle einzusetzen ist in den meisten Fällen sinnvoll um die toxischen Auswirkungen zu reduzieren.

#3 Ziel: Ozon entfernen und Ab- oder Zuluft reinigen

Beim Einsatz von Ozon sollte dem Abschäumer oder dem Ozonreaktor Aktivkohle nachgeschaltet werden, um überschüssiges (und potentiell schädliches) Ozon aus dem Wasser zu entfernen. Daneben empfehlen wir bei sehr großen Aquarien mit ggf. entsprechend großem Ozoneintrag einen Aktivkohlereaktor für die Abluft am Abschäumer nachzuschalten, um überschüssiges (und potentiell schädliches) Ozon zu entfernen. Auch die Zuluft des Abschäumers kann mit Aktivkohle gefiltert werden. Das ist insbesondere bei Raucherhaushalten oder bei einer häufigen Verwendung von Duftkerzen o.ä. sinnvoll. Die Wechselintervalle für die Aktivkohle liegen bei diesem Verwendungszweck bei etwa 3-6 Monaten.

Aktivkohle vor Anwendung spülen - ja oder nein und vor allem wie?

Zu diesem Thema gibt es verschiedene Meinungen:

  1. Aktivkohle mit heißem Wasser spülen und eine Weile darin liegen lassen
  2. Aktivkohle mit Osmosewasser spülen
  3. Aktivkohle mit Salzwasser spülen

Und was ist nun die richtige Vorgehensweise? Wir können Dir empfehlen überhaupt erstmal die Aktivkohle zu spülen, denn damit entfernst Du den Kohle-Abrieb, der ansonsten im Wasser die Schleimhäute Deiner Fische unnötig reizen würde und sich auch auf manche Korallen, wie Xenien, negativ auswirken kann. Das Spülen mit Salzwasser soll der Bildung einer Grenzschichten entgegenwirken. Das Spülen mit heißem Wasser soll bewirken dass Luft aus dem Porensystem der Aktivkohle verdrängt wird. Ob diese 2 Methoden die Funktionsweise der Aktivkohle wirklich spürbar verbessern, können wir nicht sicher sagen. Jedoch ist es in jedem Fall eine gute Idee, die Aktivkohle vor dem Einsatz im Aquarium gründlich zu spülen.

Negative Effekte von Aktivkohle

Aktivkohle kann auch nachteilige Effekte mit sich bringen. So entzieht sie neben Schadstoffen auch wichtige Spurenelemente und steht im Verdacht die Seitenlinienkrankheit (z.B. bei Doktorfischen) auszulösen. Ein sehr intensiver Einsatz (Dauer oder Menge) ist daher mit Vorsicht zu genießen und sollte stets mit einer genauen Kontrolle und ggf. Anpassung des Spurenelement-Haushalts einhergehen.


 

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